Isabel von Little Years: Kranke Kinder zu Hause
Kranke Kinder zu Hause – und das System bricht zusammen
Isabel vom Mum Blogazin Little Years
Das Telefon klingelt: KITA steht auf dem Display.
Kurzer Schock. Ist was passiert?
„Das Kind hat 38.5. Bitte abholen.“
Verflixter Mist. Das heißt jetzt, alle Pläne für den Tag umschmeißen.
Bei uns ist es wenigstens so, dass der Vater zuerst von der Kita angerufen wird. Sein Büro ist näher, alle wissen das. Eine absolute Ausnahme! In den meisten Kindergärten werden automatisch die Mutter benachrichtigt, wenn etwas ist. Und die fühlt sich dann auch verantwortlich, SIE nimmt in der Regel die Krankentage, sie hat den Ausfall, sie hat die Probleme mit Kollegen und dem Arbeitgeber.
Die Last liegt meist bei der Mutter
Das ist bei uns wie gesagt nicht so: Mein Partner und ich versuchen, uns alles aufzuteilen, auch Krankentage. An diesem Vormittag ruft er mich an, er habe noch diesen Termin, wichtig, und am Nachmittag eine Produktion, auch wichtig. Mein Job ist an diesem Tag also tatsächlich der mit der niedrigen Priorität und ich hole unsere Tochter ab.
Kinder mit Fieber gehören nicht in die Betreuung, das ist ja klar. Auch Kinder mit grünem Rotz gehören da nicht hin und mit Durchfall auch nicht. Das weiß ich - und trotzdem bin ich erst mal skeptisch: Ist sie wirklich krank? Ist sie überhaupt warm? Sie erscheint mir so fit…
Natürlich nehme ich sie dennoch mit. Und beschließe in dem Moment, das jetzt anzunehmen, als das, was es ist: ein Tag geschenkt, ganz alleine mit meiner Tochter. Wir fahren nach Hause, essen Kartoffelsuppe, dann kuscheln wir uns aufs Sofa. Sie darf Peppa Wutz anschauen, während ich auf dem Handy die allerwichtigsten E-Mails bearbeite. Dann machen wir gemeinsam ein Nickerchen und ich genieße die Zeit mit ihr so richtig.
Wenn man es genießen kann
Wenn man keinen Druck vom Arbeitgeber bekommt, wenn man sich flexibel einteilen kann, wenn Paare sich gerecht aufteilen können - dann können diese Krankentage, die im Winter ja regelmäßig vorkommen, also auch eigentlich eine schöne Sache sein. Die Kinder brauchen dann bei leichteren Erkrankungen wie Erkältungen einfach ihre Eltern und viel Zuwendung. Oft ist dann auch schnell wieder alles gut. So war es auch in diesem Fall, bald war das Tochterkind gesund gekuschelt und hüpfte fröhlich und froh in den Kindergarten.
Ich bin mir aber darüber im Klaren, dass ich mehr als privilegiert bin. Nicht nur bin ich meine eigene Chefin und muss meinen Ausfall - wenn überhaupt - nur vor mir selbst rechtfertigen. Mein Partner ist zudem auch selbstständig, wir müssen keine Atteste vorzeigen und keine Krankentage zählen. Man muss man einen Kinderkrankenschein vorlegen und hat in der Regel pro Kind einen Anspruch auf zehn Krankentage im Jahr. Bei einer richtig fiesen Erkältung sind diese aber schnell verbraucht.
Auch Väter können die kranken Kleinen betreuen
Und dann ist es eben auch so, dass sich oft immer noch in der Regel nur die Mütter verantwortlich fühlen. Ein Vater, der mal einen Krankentag für die Kinder nimmt, wird ja schon bejubelt. Die Mutter erntet dafür schiefe Blicke vom Arbeitgeber. Die meisten Mamas nehmen das gerne in Kauf, denn natürlich ist die Genesung des Kindes viel wichtiger als jedes Job-Projekt. Aber es ist eben auch einfach unfair. Und hat mit Gleichberechtigung wenig zu tun. Was könnte uns helfen in diesem Dilemma? Vielleicht kann dieses Beispiel Impulse geben: Ein Bekannter von mir, der mehrere MitarbeiterInnen hat, hat letztens ein Meeting einberufen, in dem er ganz klar gesagt hat: „Ich möchte, dass hier Väter genauso zuhause bleiben, wie Mütter!“ Er ist natürlich eine absolute Ausnahme. Aber eine wichtige. Damit in Zukunft mehr Eltern die Infekte der Kinder nicht nur als reines Problem ansehen (müssen), sondern als das, was sie sind: wichtige Signale, dass die Kinder uns brauchen. Und manchmal auch eine willkommene Gelegenheit, um selbst mal runterzufahren.